…um diese Uhrzeit hatte ich seit über 12 Stunden Wehen. Alles, was ich wollte, war nach Hause gehen und etwas essen. Die Hebamme der Nachtschicht hatte um 20:00 Uhr ihre Kollegin abgelöst und half mir als erstes bei einer Dusche. Tagsüber waren die Temperaturen auf fast 40 Grad gestiegen und selbst in der Nacht war es noch drückend heiß. Auf der Entbindungsstation waren alle Türen und Fenster geöffnet, um jeden Windhauch einzufangen – geholfen hat es nicht viel.
Emary, meine Hebamme, stammte aus Ghana und hatte dort noch bei ihrer Tante ihren Beruf gelernt, bevor sie mit ihren Eltern nach England auswanderte. Und auch dort machte sie eine Ausbildung zur Hebamme – eine nicht so umfassende, wie sie mir erzählte. Emary erzählte mir viel in dieser Nacht – sie schwärmte von der Art der Geburtshilfe, die sie in Ghana kennengelernt hatte. Statt Atemübungen sangen wir Lieder aus ihrer Heimat, deren Text ich nicht wirklich verstand, die aber sehr beruhigend wirkten. Sie half mir immer wieder halbwegs bequeme Positionen zu finden und zeigte mir, wie frau auf allen vieren einen Bauchtanz machen kann. Ich bin mir bis heute nicht sicher, was mehr entspannte – der Tanz oder die Lachanfälle, die unsere “Bemühungen” begleiteten.
Auch heute war es sehr warm und drückend. Ich hatte mich schon so auf meine Hängematte gefreut, schaffte es dann aber kaum bis aufs Sofa. Es war wieder einmal ein Tag, wo ich am liebsten so lang mit dem Kopf gegen eine Wand gelaufen wäre, bis der Schmerz nachlässt. Und so bin ich zwischen Bett und Sofa gependelt und habe gehofft, dass die Schmerzen aufhören. Im Vergleich zu den heutigen Schmerzen waren die Wehen eine Kleinigkeit – nicht, weil die Schmerzen heute so stark waren (waren sie gar nicht), sondern weil frau bei Wehen weiß, dass sie irgendwann aufhören. Und so habe ich heute viel Zeit gehabt, über diesen Tag vor 16 Jahren nachzudenken – mich an das schönste Erlebnis meines Lebens zu erinnern.
Ein paar Stunden noch, dann war es soweit. Am 4. Mai 1990 um 01:20 Uhr ist mein Sohn auf diese Welt gekommen. Nicht ganz ohne Probleme, nicht ganz ohne Schmerzen – aber trotzdem ist dieses Erlebnis mit jedem Jahr bedeutsamer und schöner für mich geworden.
Das liest sich so schön, dein Lachen und deine Freude sind sehr spürbar, vielleicht magst du das ja hier auch posten?
Alles Liebe
Esme